Predigt am 8. Februar 2004

Gentha, Ruhlsdorf, Seyda, Gadegast & Zemnick

 

Pastor Keith Hardy war vom 8. Januar bis zum 8. Februar zu Gast in Seyda. Er ist Pastor in Baltimore/USA, von der Evangelical Lutheran Church of America.

 

Texte:

Die Lesung aus dem Alten Testament f�r diesen Sonntag steht im Buch des Propheten Hesekiel im 37. Kapitel:

�Des HERRN Hand kam �ber mich, und er f�hrte mich hinaus im Geist des HERRN und stellt mich mitten auf ein weites Feld, das lag voller Totengebeine. Und er f�hrte mich �berall hindurch. Und siehe, es lagen sehr viele Gebeine �ber das Feld hin, und siehe, sie waren ganz verdorrt. Und er sprach zu mir: Du Menschenkind, meinst du wohl, dass diese Gebeine wieder lebendig werden? Und ich sprach: �HERR, mein Gott, du wei�t es.� Und er sprach zu mir: �Weissage �ber diese Gebeine und sprich zu ihnen: Ihr verdorrten Gebeine, h�ret des HERRN Wort! So spricht der HERR zu diesen Gebeinen: Siehe, ich will Odem in euch bringen, dass Ihr wieder lebendig werdet. Ich will euch Sehnen geben und lasse Fleisch �ber euch wachsen und �berziehe euch mit Haut und will euch Odem geben, dass Ihr wieder lebendig werdet; und Ihr sollt erfahren, dass ich der HERR bin.�

 

Das EVANGELIUM steht bei Matth�us im 16. Kapitel:

Da kam Jesus in die Gegend von C�sarea Philippi und fragte seine J�nger und sprach: Wer sagen die Leute, dass der Menschensohn sei?

Sie sprachen: Einige sagen, du seist Johannes der T�ufer, andere, du seist Elia, wieder andere, du seist Jeremia oder einer der Propheten. Er fragte sie: Wer sagt denn ihr, dass ich sei: Da antwortete Simon Petrus und sprach: �Du bist Christus, des lebendigen Gottes Sohn!� Und Jesus antwortete und sprach zu ihm: Selig bist du, Simon, Jonas Sohn; denn Fleisch und Blut haben dir das nicht offenbart, sondern mein Vater im Himmel. Und ich sage dir auch: Du bist Petrus, und auf diesen Felsen will ich meine Gemeinde bauen, und die Pforten der H�lle sollen sie nicht �berw�ltigen. Ich will dir die Schl�ssel des Himmelreichs geben: Alles, was Du auf Erden binden wirst, soll auch im Himmel gebunden sein, und alles, was Du auf Erden l�sen wirst, soll auch im Himmel gel�st sein.�

 

 

Der Text f�r die Predigt steht im  1. Petrusbrief im 2. Kapitel:
�Kommt zum Herrn als zu dem lebendigen Stein, der von den Menschen verworfen ist, aber bei Gott auserw�hlt und kostbar. Und auch ihr als lebendige Steine erbaut euch zum geistlichen Hause und zur heiligen Priesterschaft, zu opfern geistliche Opfer, die Gott wohlgef�llig sind durch Jesus Christus. Ihr seid das auserw�hlte Geschlecht, die k�nigliche Priesterschaft, das heilige Volk, das Volk des Eigentums, dass Ihr verk�ndigen sollt die Wohltaten dessen, der euch berufen hat von der Finsternis zu seinem wunderbaren Licht; die Ihr einst �Nicht ein Volk� wart, nun aber �Gottes Volk� seid, und einst nicht in Gnaden wart, nun aber in Gnaden seid.�

  

PREDIGT

 

Gnade sei mit Euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus! Amen.

 

Lebendige Steine? Was sind lebendige Steine? K�nnen Steine wirklich leben? Gut, fragen sie mich nicht. Fragen sie jemanden, der �ber lebendige Dinge Bescheid weiss. Fragen sie einen Bauer!

 

Und vielleicht sagt uns ein Bauer: wie k�nnt Ihr eine solche dumme Frage stellen! Nat�rlich leben Steine nicht! Schweine, K�he und Hunde leben! (Oder sie leben - bis wir Hunger haben!) Sogar Kartoffeln, Moehren und Kohl leben! Aber nicht Steine! Aus Steinen kann man eine gute, gro�e Scheune bauen. So kann man seine Ernte gut unterbringen und das Vieh halten. Aber die Steine leben nicht!

 

Aber ich denke - hier in Deutschland habe ich  Steine gesehen, die scheinen zu leben. Ich  habe diese Steine gesehen in Gadegast und Gentha, in Mellnitz und Morxdorf, in Zemnick und Seyda, in Ruhlsdorf und Naundorf. Ich habe diese Steine gesehen in den Fundamenten und im Fussboden und in den Mauern der Kirchen, wie sie da stehen im Zentrum von dieser Staedten und Doerfern. Ich habe gesehen, dass diese Steine nicht nur so aussehen, als ob sie leben, sondern sie leben im Denken und in den Herzen der Leute.

Und sie geben den Bewohnern hier Leben.

 

Ich habe viele Geschichten gehoert ueber das Leben,  dass von diesen Steinen zum Leben in der Gemeinschaft kommt. Ich habe Geschichten gehoert darueber, wie die Leute hier zusammengekommen sind zum Trost und zur St�rkung in Zeiten voll von Leid und Verfolgung.

Ich habe Geschichten gehoert darueber, wie die Leute inspiriert worden sind, Mut und Liebe zu haben durch diese Steine.

Ich weiss, was sie darstellen mit ihrer wertvollen Geschichte und Tradition. Ich habe gesehen, wie diese Steine, diese Orte mit ihrer Sicherheit und Zuflucht, neues Leben zur Welt gebracht haben: Neues Leben, neue Hoffnung und neue Freiheit. Und nicht nur hier im Landkreis Wittenberg, sondern auch im Leipzig und Dresden und Berlin. Ich habe Geschichten gehoert darueber, dass die Lebenskraft dieser Steiner war so gross und so stark, dass sie hin�bergeflossen ist auf die Strassen und Plaetze, und das ganze Land sich ver�ndert hat.

 

Lebendige Steine? Wenn ich jemals gesehen habe, dass Steine leben, dann ist es hier, in den Kirchen in diesen Doerfern und Staedten.

 

Aber ist es das, was der Apostel Paulus uns sagen will, wenn er sagt �Lebendige Steine�? Diese Steine von diesen Gebaeuden, die wie lebendig scheinen, und die das Leben widerspiegeln, das sie in sich aufgenommen haben?

Nein! So gern schaue ich mir diese Kirchen an, diese Kirchen sind so wunderbar, so voll mit Geschichte und Hoffnung. Aber ich glaube nicht, dass diese Steine von den Fundamenten und Mauern und Boeden dieser Kirchen wirklich die lebendigen Steine sind, mit denen Gott sein geistliches Haus baut. Nein! Vielleicht sind diese Steine sehr wertvoll fuer uns!

Aber ich glaube, dass die �Lebendigen Steine�, aus denen Gott die christliche Kirche baut, viel wertvoller sind!

Ich glaube, dass Ihr und ich, dass wir diese �Lebendigen Steine� sind, und es gibt nichts, was in den Augen Gottes wertvoller waere als Ihr und ich, - die lieben Kinder Gottes.

 

In diesen letzten Wochen habe ich die wunderbare Gelegenheit gehabt, das taegliche Leben mit Pfarrer Meinhof und seiner Frau zu teilen, und auch mit vielen anderen, und alles waren so freundlich und gemuetlich. Und ich habe auch die Moeglichkeit gehabt, Zeit zu verbringen mit Friederike und Carl, mit Simon und Aemelia, - da konnte ich die grosse Liebe sehen, die Sie fuer Kinder haben, hier in Deutschland.

Ganz deutlich ist mir das am letzten Sonntag geworden. Da waren wir zusammen mit der ganzen Familie zu einem wunderbaren Grillen im Haus von Herrn und Frau Graebitz eingeladen, den Eltern von Frau Sandra Meinhof. Dass war so schoen! Und sie hatten mir ein sehr schoenes St�ck Brust von einer Pute zu essen gegeben. Und jemand hat gesagt, �Ach, diese Brust ist nur fuer die Kinder. Sie k�nnen nicht wie wir das Schweinfleisch essen!� Und so haben sie die Pute von meinem Teller genommen und sie den Kindern gegeben! Und dass war richtig gut so!

 

Und so, ich glaube, liebt uns unser Himmlicher Vater. Er gibt uns nicht nur Essen und Trinken und Schutz und selbst Leben. Er gibt uns auch dieses wunderbare, wertvolle Geschenk von seinem einigen heiligen Sohn Jesus Christus in Brot und Wein und Wort. Mit ihm gibt er uns Leben, und er erwaehlt uns als seine �Lebendigen Steine�, seine Kirche mit zu bauen.

 

Wollen wir da f�r einen Moment daran denken. Wenn die Kirchengebaude alle schoen und sauber und stark sind

        aber leer,

sind sie dann wirklich aus lebendigen Steinen gebaut? Ihre Kirchengebaude sind wunderschoen, und ich kann sehen, wieviel Leben sie ihrer Gemeinschaft geben. Aber ich habe doch wenig in ihnen Gottesdienst gefeiert. Sie haben gesunden Menschenverstand, und Sie sagen, �Es ist zu kalt, Gottesdienst in der Kirche zu feiern, und es kostet zu viel, die Kirche warm zu machen fuer nur eine Stunde! Gott kann uns hoeren im unserer �Winter Kirche�, im Saal oder Gemeinderaum oder im privaten Haus!�

Und so haben wir an einem Sonntag in Mark Zwuschen Gottesdienst gefeiert.

Ich hoffe, mit Ihnen zum Gottesdienst in die sch�nen Kirchen zu gehen, wenn ich wieder her komme im Fruehling 2005.

Aber ich weiss, dass ich jetzt schon mit Ihnen Gottesdienst feiere in der Kirche, die aus �Lebendigen Steinen� gebaut ist:

N�mlich aus Ihnen, meine Schwestern und Brueder, Kinder des lebenden Gottes.

 

Also, das mit den �lebendigen Steinen� meint alle, die zu Gott gehoeren.

Gott will, dass wir alle �Lebendige Steine� sind. Ja, Jesus Christus ist der Eckstein fuer dieses Fundament. Und ja, Jesus hat gesagt zu Petrus, dessen Name ja �Stein� bedeutet, dass er seine Kirche auf diesen Stein bauen will.

Auf den Petrus, n�mlich auf seinen Glauben und auf sein Bekenntnis.

Und hier heisst es nun, dass wir alle �Lebendige Steine� sind.

 

 

 

Kann man eine Kirche aus nur einem grossen Stein bauen? Vielleicht, wenn der Stein so gross ist, wie der Kyffhaueser! Aber keine Kirche aus �Lebendigen Steinen� ist nur von einer Person gebaut.

Luther ist bestimmt der groesste Held der Reformationszeit, aber er war nicht der einzige lebendige Stein, aus dem unsere Kirche gebaut ist. Unsere Kirche ist gebaut auf das Fundament von Melanchthon und Niemoeller, von Bonhoeffer und Bugenhagen, und von allen den treuen Glaeubigen, die zur Kirche gestanden und beigetragen haben. Und wenn unsere Kirchen aus �Lebendigen Steinen� gebaut sind, dann heisst das: Wir muessen uns alle an ihr beteiligen!

 

Und wir muessen nicht nur mit den grossen Steinen arbeiten, wenn wir beginnen.

Wirklich! Schon allein durch unser Zusammenkommen hier heute geben wir ein Zeugnis f�r unsere Nachbarn, dass wir unserem Herrn und seiner Kirche verpflichtet sind.

Aber wir koennen mehr tun.

Dass hat mir gefallen, sich vor dem Essen die Hand zu geben und zu sagen: �Gesegnete Mahlzeit!� Vielleicht haben wir den Mut, das auch beim Essen im Restaurant zu machen?

Vielleicht sagen wir �Sei gesegnet� oder �Gott segne dich� � anstatt immer �Auf Wiedersehen� oder �Tschuessi�! Und wenn wir mit anderen sprechen und uns mitteilen, was uns bewegt � koennen wir da nicht auch etwas sagen ueber Gott, der uns alle guten Dinge gibt?

Vielleicht muss dieses Wort �Gott sei Dank� wieder mehr in unseren Alltag hineinkommen.

 

Und es gibt noch mehr, was wir tun koennen.

Das geht doch wirklich nicht, dass Pfarrer Meinhof predigt und betet in allen acht Kirchen an jedem Sonntag! (Ich weiss nicht, wie Sie das machen, auch mit nur 5 Kirchen jede Woche, Woche fuer Woche!) Aber ja, ich weiss, dass Luther die Bibel nicht auf Deutsch uebersetzt hat nur fuer die Pfarrer zum Lesen! Und ich sehe, wie die Deutschen fast immer singen, wenn sie zusammen sind. (Wirklich, ich haette zu gern, dass die Leute in meiner Kirche in Baltimore so gern singen wuerden!) Und ich weiss auch, dass Gott das Beten vom Pfarrer nicht besser anhoert, als wenn es andere Leute machen.

So, wenn es also einen Sonntag gibt, wo Pfarrer Meinhof nicht in deine Kirche kommt, koennen da nicht diese �Lebendigen Steine� zusammen kommen, zu lesen und zu singen und zu beten, und damit diese Kirche aus �Lebendigen Steinen� zu bauen?

Und koennten wir nicht die Leute um uns herum einladen, mitzubauen an dieser Kirche der �lebendigen Steine�? Ich habe gesehen, mit welchem Erfolg sie die Steine in Ihren Kirchen repariert und renoviert haben, die herabzufallen drohten. Sollten wir nicht mit gleicher Energie daran arbeiten, die �Lebendigen Steine� zurechtzubringen, die im Moment nicht mit uns Gemeinschaft haben?

Nein, es ist freilich nicht leicht. Es kann einem �zu persoenlich� erscheinen, ueber Gott zu seinen Nachbarn und Freunden zu sprechen. Was machen wir, wenn sie lachen? Was machen wir, wenn sie boese werden? Wenn sie denken, wir seien nicht ganz normal? Oder wenn sie uns nicht hoeren wollen?

Aber vor was fuerchten wir uns eigentlich? Ich habe hier Leute getroffen, die Christus bekannt haben in Zeiten der Verfolgung und Diskriminierung. Haben die Angst gehabt, ausgelacht zu werden?

Ich habe Leute getroffen, die ihr Leben risikiert haben, in dem sie taten, was sie glaubten und was ihr Herr ihnen sagte.

Ich habe Leute getroffen, die sich Hoffnung und Glauben bewahrt haben � im Angesicht eines Leides, was mich zu Traenen geruehrt hat. Haben diese Leute boese oder harsche Worte gefuerchtet?

Ich habe Leute getroffen, die Ideologien ueberlebt und ueber sie triumphiert haben, Ideologien, die Ihr Land geteilt haben, die die ganze Welt geteilt haben in sich gegen�berstehende Lager. Hatten diese Leute Angst, als nicht normal zu gelten?

Ich habe Leute getroffen, die Hass und Boeses mit Liebe und Vergebung beantwortet haben. Hier in Deutschland, bei Ihnen, habe ich diese Leute gefunden. Ich kann nicht glauben, dass eben diese Leute nicht den Mut haben sollten, Gottes Liebe fuer sie zu teilen auch mit ihren Nachbarn, offen darueber zu sprechen.

 

Wir sollen keine Angst haben, zu scheitern: Denn wir haben Gottes Verheissung. Wir haben die Verheissung Gottes an Hesekiel, seine grosse Verheissung, dass er neues Leben bringt in tote Knochen. Wir haben die Verheissung Gottes an Petrus, sein Versprechen, die Kirche zu bauen auf den Felsen des Glaubens. Sein Versprechen, dass die Pforten der Hoelle die Kirche nicht ueberwinden koennen. Wir haben das Versprechen Gottes fuer all seine �lebendigen Steine�: dass wir ein auserwaehltes Volk sind, eine koenigliche Priesterschaft, eine heilige Nation, ein Volk f�r Gott, Gottes eigene Leute! Wir sind wirklich eine lebendige Kirche, aus lebendigen Steinen gebaut. Ihr Eckstein ist der lebendige Christus, der f�r uns starb und auferstand, so dass wir ewiges Leben haben! Wir haben wirklich von ihm Barmherzigkeit und Gnade und Macht erfahren, und wir merken, dass er mit seiner Barmherzigkeit und Gnade und Vergebung am Werk ist, am Werk hier in Deutschland an seinen �Lebendigen Steinen�.

Moege uns Gott mit seiner Gnade beschenken, dass wir als ein Volk miteinander leben, seine Leute, eine lebendige Kirche aus lebendigen Steinen, eine feste Burg, von Gott gebaut!

Und moege seine Liebe und Gnade uns bewahren, jetzt und in Ewigkeit!

Amen.

 

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