Sterben und Tod im Diest-Hof
Der Tod ist Teil unseres Lebens. Für Christen ist er ein Übergang in Gottes neue Welt.
Gottes Hand fängt uns auf.
Jesus Christus hat gesagt: „Ich bin bei Euch alle Tage, bis zum Ende der Welt!“
Das gilt auch für eine Sterbestunde, für den Sterbenden und den, der ihn begleiten will und dabei mit dem Beistand Gottes rechnet.
Im Evangelischen Gesangbuch (im Andachtsraum!) ab Seite 941 sind Hilfen, Gebete, Sätze, Liedtexte abgedruckt: „Sterbende begleiten“ (941), „Für Sterbende“ (946), „Sterbenden zuzusprechen (947), „Sterbesegen“. Man kann diese Texte und Lieder nutzen. Ein Gebet oder einen Segensspruch kann jeder zusprechen (nicht nur der Pfarrer!). Es ist aber gut, wenn Sie ihn anrufen (Telefon: 42254). Aber auch, wenn er einmal nicht kann, ist das Abschiedsritual möglich.
Schön sind vertraute Worte, sie sind wie ein Geländer, an denen man sich festhalten kann. Es müssen auch nicht zu viele sein. Langsam und laut lesen! Sich so stellen, dass man von allen gesehen wird, aber doch auch den Menschen sieht, um den es geht. Sich Zeit lassen, aber doch auch eine Orientierung geben bei dem, was geschieht.
Vorschlag für ein „Abschiedsritual“, am Sterbe- oder Totenbett.
Vorbereitung: Alle einladen, die teilnehmen wollen und können; Kerze anmachen, um das Bett aufstellen, einen Moment der Ruhe haben. Die Texte kann man alle lesen, oder auch einzelne heraussuchen. Eventuell Gesangbücher bereithalten.
Einleitende Worte, die die Situation beschreiben:
Wir wollen uns von ....................... verabschieden. Viele Jahre hat er bei uns gewohnt. Wir wollen ihn in Gottes gute Hand geben.
(Ein Psalm aus der Bibel.)
„Der Herr ist mein Hirte. Mir wird nichts mangeln. Er weidet mich auf einer grünen Aue / und führet mich zum frischen Wasser. Er erquicket meine Seele. Er führet mich auf rechter Straße / um seines Namens willen. Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück. Denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich. Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde. Du salbst mein Haupt mit Öl und schenkst mir voll ein. Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang. Und ich werde bleiben im Hause des Herrn immerdar. Amen.“
(Ein Lied, zum Beispiel: Evangelisches Gesangbuch 408 (auch vorzulesen); oder 511, 477 Verse 8 und 9.)
Meinem Gott gehört die Welt! Meinem Gott das Himmelszelt. Ihm gehört der Raum, die Zeit: Sein ist auch die Ewigkeit
Und sein eigen bin auch ich! Gottes Hände halten mich. Gleich den Sternlein in der Bahn! Keins fällt je aus Gottes Plan.
Wo ich bin, hält Gott die Wacht. Schützt und schirmt mich Tag und Nacht. Über Bitten und Verstehn muss sein Wille mir geschehn.
Täglich gibt er mir das Brot! Täglich hilft er in der Not. Täglich schenkt er seine Huld und vergibt mir meine Schule.
Lieber Gott, du bist so groß! Und ich lieg in deinem Schoß. Wie im Mutterschoß ein Kind:
Liebe deckt und birgt mich lind.
Leb ich, Gott, bist du bei mir! Sterb ich, bleib ich auch bei dir! Und im Leben und im Tod bin ich dein, du lieber Gott.
Der Herr segne Deinen Ausgang und Eingang von nun an bis in Ewigkeit! Amen.
Wir wollen beten:
Lieber Vater im Himmel! Wir danken Dir für das Leben von ............. Für alle Güte und Freundlichkeit, die /er/sie/ empfangen hat. Für alles, was /er/sie/ davon weitergegeben hat auch an uns. Wir bitten Dich: Nimm .................. auf in Dein himmlisches Reich. Lass es /ihm/ihr/ bei Dir gut gehen. Sei Du auch bei uns, jetzt, schenke uns Deinen Frieden. Amen.
Vater Unser im Himmel! Geheiligt werde Dein Name! Dein Reich komme! Dein Wille geschehe! Wie im Himmel, so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute! Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern! Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen! Denn Dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit! Amen.
Es segne und behüte uns Gott, der allmächtige und barmherzige. Er schenke uns seinen Frieden. Amen.
Nun kann jeder am Bett Abschied nehmen.
(Zeit lassen! Danach: Kerzen löschen, Raum abschließen.)
Kleine Handreichung, 1997 erschienen:
Herr, Du erforschst mich und kennst mich.
Ich sitze oder stehe auf, so weißt Du es.
Ich gehe oder liege, so bist Du um mich
und siehst alle meine Wege.
Denn siehe, es ist kein Wort auf meiner Zunge,
daß Du, Herr, nicht schon wüßtest.
Von allen Seiten umgibst Du mich
und hältst Deine Hand über mir.
Diese Erkenntnis ist mir zu wunderbar und zu hoch,
ich kann sie nicht begreifen.
Wohin soll ich gehen vor Deinem Geist,
und wohin soll ich fliehen vor Deinem Angesicht?
Führe ich gen Himmel, so bist Du da;
bettete ich mich bei den Toten,
siehe, so bist Du auch da.
Nähme ich Flügel der Morgenröte
und bliebe am äußersten Meer,
so würde auch dort Deine Hand mich führen
und Deine Rechte mich halten...
Deine Augen sahen mich,
als ich noch nicht bereitet war,
und alle Tage waren in Dein Buch geschrieben,
die noch werden sollten
und von denen keiner da war...
Erforsche mich, Gott,
und erkenne mein Herz;
prüfe mich und erkenne, wie ich´s meine.
Und sieh, ob ich auf bösem Wege bin,
und leite mich auf ewigem Wege.
Amen.
Psalm 139
Liebe Mitarbeiter im Diest-Hof,
für Sie habe ich dieses kleine Heftchen geschrieben. Es ist gut, wenn wir auch bei diesem Thema nicht allein bleiben, sondern an passender Stelle darüber reden, und so verstehe ich dies als meinen Gesprächsbeitrag.
Vielleicht ist er Ihnen eine kleine Hilfe bei Ihrem Dienst auch an den Sterbenden und Trauernden.
Das Heft ist ein Resultat des Seminars „Sterben im Heim“, was am 17. September 1997 im Diest-Hof stattfand.
Zitiert habe ich auch aus einem Heft „Die letzten Wochen und Tage. Eine Hilfe zur Begleitung in der Zeit des Sterbens: von Dr. Daniela Tausch-Flammer, Stuttgart 1994.“
Darauf beziehen sich die eingeklammerten Zahlen, es sind die Seitenzahlen.
Für Ergänzungen und Kritik bin ich stets dankbar.
Ferner möchte ich noch einmal mitteilen, daß ich die Begleitung Sterbender auch als meine Aufgabe sehe und Sie mich gern rufen können, wenn Sie mich dazu brauchen.
Mit freundlichen Grüßen!
Ihr Pfarrer Meinhof.
Sterben und Tod im Diest-Hof
Sterben ist Teil unseres Lebens.
Wir erleben es selbstverständlich in der Natur, wenn sich im Herbst die Blätter färben.
Wir erfahren es in unserer Umgebung, in unseren Familien, wo Abschied genommen werden muß.
Und wir wissen, daß wir selbst auch einmal sterben müssen.
Der Tod ist oft mit einem großen seelischen Schmerz verbunden, weil er einen Abschied bedeutet und eine Trennung von dem, was uns lieb geworden ist. All unsere Pläne und unser Schaffen haben diese natürliche Grenze. So werden wir nicht gern daran erinnert und verdrängen den Tod wohl auch oft.
Die Beschäftigung mit diesem Thema kann jedoch dazu führen, das Leben bewußter wahrzunehmen, intensiver zu planen und auszukosten. „Heute ist der letzte Tag vom Rest Deines Lebens!“ heißt es etwas plakativ: Heute kann ich etwas Sinnvolles tun, heute kann ich mich noch mit jemandem vertragen, heute kann ich leben.
Die Hoffnung des christlichen Glaubens, daß nach dem Tod eben nicht alles aus ist, sondern daß wir auch dann in Gottes Hand sind und in seinem Reich leben, will uns die Angst vor dem Tod nehmen und zu einem getrosten Leben befreien. „Jesus Christus hat dem Tod die Macht genommen“, „Jesus lebt, mit ihm auch ich“: das sind die Kernaussagen bei der christlichen Beerdigung und des christlichen Glaubens.
So kann es wirklich hilfreich sein, sich mit dem Tod einmal auseinanderzusetzen. Das ist dann auch eine gute Voraussetzung, um das zu tun, was im Diest-Hof notwendig ist: Behinderte Menschen auf ihrem Lebensweg auch im Sterben bis zum Tod zu begleiten und ihnen beizustehen bei einem Verlust ihrer langjährigen Freunde und Mitbewohner.
Mozart am 4. April 1787, also mit 30 Jahren und viereinhalb Jahre vor seinem Tod:
"Da der Tod (genau zu nehmen) der wahre Endzweck unseres Lebens ist, so habe ich mich seit ein paar Jahren mit diesem wahren, besten Freund des Menschen so bekannt gemacht, daß sein Bild nicht allein nichts Schreckliches für mich hat, sondern recht viel Beruhigendes und Tröstendes! Und ich danke meinem Gott, daß er mir das Glück gegönnt hat, ihn als den Schlüssel zu unserer wahren Glückseligkeit kennenzulernen. Ich lege mich nie zu Bette, ohne zu bedenken, daß ich vielleicht (so jung, als ich bin) den anderen Tag nicht mehr sein werde - und es wird doch kein Mensch von allen, die mich kennen, sagen können, daß ich im Umgang mürrisch oder traurig wäre.
Und für diese Glückseligkeit danke ich alle Tage meinem Schöpfer und wünsche sie von Herzen jedem meiner Mitmenschen."
„Herr, lehre uns bedenken, daß wir sterben müssen, auf daß wir klug werden!“ (Psalm 90,12).
Das Sterben
Die Angst vor dem Sterben hat ihre Ursache wohl auch in der Tatsache der Ohnmacht und der Unsicherheit dem Tod gegenüber. So könnte eine gute Information über den Vorgang des Sterbens helfen, es als Lebensabschnitt zu akzeptieren. Bestimmt kann die Angst nie ganz genommen werden, sie gehört dazu wie die Freude in unserem Leben, der Schlaf und das Essen. Die Angst kann auch dann kleiner werden, wenn wir sie gemeinsam tragen.
Der Tod ist einzigartig, wie jeder Mensch einzigartig ist.
Es sind jedoch einige Phasen des Sterbens beobachtet worden, die sich so oft wiederholen. Natürlich sind sie nur dann da, wenn es sich nicht um einen ganz plötzlichen Tod handelt. Die Phasen können einen Zeitraum von mehreren Monaten oder aber von Stunden einnehmen. Auch können die Phasen in verschiedener Reihenfolge ablaufen und sich wiederholen.
Phase 1: Nichtwahrhabenwollen und Isolierung
„Das kann nicht sein! Das ist ein Irrtum!“ Die erste Reaktion auf eine bösartige Erkrankung beispielsweise ist diese.
Der ausgelöste Schock äußert sich durch impulsives, unkontrolliertes Verhalten, durch Panik oder Verdrängung. Die Verneinung mobilisiert die inneren Kräfte, um die Nachricht zu verarbeiten. Verdrängen ist normal!
Angemessenes Verhalten in dieser Phase dem Sterbenden gegenüber:
Abwarten, nicht mitagieren („Ich brauche die Tabletten nicht! Der Arzt soll nicht mehr kommen! Ich bin gesund!“).
„Die Person soll annehmen.“ steht in den Lehrbüchern. Widersprechen hilft nicht. Den Ausbruch zu akzeptieren heißt noch nicht, ihn zu billigen.
Phase 2: Zorn
Zorn, Groll, Wut, Neid: eine Flut der Gefühle ergießt sich nach innen und nach außen. Warum denn gerade ich? Der Sterbende ist schwierig, unzufrieden, aggressiv, auch wohl (bei starker innerer Kontrolle) depressiv. Ohne sichtbaren Anlaß ergießt sich der Zorn des Kranken in alle Richtungen! Es zeigt sich eine Tendenz zur Beschuldigung anderer und zur Selbstbeschuldigung („Ich werde schlecht behandelt!“).
Angemessenes Verhalten dem Sterbenden gegenüber:
Zuhören! Nichts persönlich nehmen. Die negativen Gefühle (Wut...) zulassen.
Phase 3: Verhandeln
Vielleicht ist diese Phase bei Menschen mit geistiger Behinderung weniger ausgeprägt. Es ist jene Zeit, in der der Mensch versucht, das Unvermeidliche durch eine Art Handel hinauszuschieben. Er feilscht um einen Aufschub. „Das Fest will ich noch erleben! Dort werde ich doch noch gebraucht!“ oder „Ich spende 1.000 DM für die Kirche, dann läßt mich Gott noch ein Jahr leben.“ „Ja, ich muß sterben, aber jetzt doch noch nicht... Erst wenn ich das noch erledigt habe...“ Brücken der Hoffnung werden gebaut: Vielleicht hilft mir das Medikament, die Therapie, der Arzt.
Angemessenes Verhalten dem Sterbenden gegenüber:
Die Hoffnung lassen, aber keine falschen Hoffnungen machen („Erst geht es Dir ganz schlecht, und dann wird es wieder... Nächstes Jahr feiern wir wieder zusammen...“). Versuchen, ihn zu verstehen, sich aber nicht an Spekulationen beteiligen.
Phase 4: Depression
Mit den deutlichen Schwäche-Zeichen des Körpers stellt sich das Gefühl eines schrecklichen Verlustes ein, die Erkenntnis: es gibt kein Entrinnen. Der Schmerz über den Verlust an Lebensmöglichkeiten und die Trauer über den Abschied verbinden sich.
Da kann einer ganz bitter und verzweifelt werden.
Angemessenes Verhalten:
In dieser Phase sollte man nicht platt „aufmuntern“. Dann fühlt sich der Sterbende nicht verstanden und noch mehr allein, als er schon ist. Gut wäre, wenn man liebevoll hilft, die negative Prognose anzuerkennen. Der Sterbende hat es in dieser Phase längst erkannt, daß er sterben muß.
Hilfreich ist hier, die Angelegenheiten zu ordnen, soweit das noch nicht geschehen ist. Jetzt ist noch Zeit dazu.
Zum Beispiel: Abfassen des Testaments (Erbschaft regeln), Anordnungen über Verhältnisse in der Zeit des Sterbens und nach dem Tod (Wahl des Ortes, Zimmereinrichtung, „noch einmal ins Krankenhaus?“, Regelung des Besuchs der Freunde und Angehörigen, des Pfarrers). Eine gute Möglichkeit, mit Gott und der Welt ins Reine zu kommen, bietet auch die Beichte, die es nicht nur in der katholischen, sondern auch in der evangelischen Kirche gibt.
Phase 5: Zustimmung
Dieses „friedliche Sterben“, in Frieden mit Gott und der Welt, ist das Ziel dieses langen Weges und der Begleitung eines Menschen beim Sterben. Es ist möglich, den Tod anzunehmen und in Frieden zu sterben!
Die Phase der Einwilligung beschreibt Kübler-Ross als „fast frei von Gefühlen“, als eine „Ruhe vor der langen Reise“.
Mit einer hohen Sinneswahrnehmung des Sterbenden ist zu rechnen. Das letzte, was bleibt, ist das Hören: auch, wenn sich sonst keine Reaktion mehr zeigt, der Sterbende hört mich bis zuletzt.
Angemessenes Verhalten:
„Du bist nicht allein!“ - ich bin bei Dir: dieses auszudrücken ist wohl die größte Hilfe am Sterbebett. Es kann geschehen durch Zeichen wie dem Halten der Hand, dem Streichen über den Kopf, dem Abwischen von Schweiß, durch Gesten der guten Versorgung (Essen, Waschen, Frisch machen, Zu-Trinken-Geben), einer freundlichen Gestaltung des Zimmers (Kerze, Ruhe) und durch Zuspruch.
Hier haben auch die „Heilsmittel“ unserer Kirche ihren Platz: die Feier des Heiligen Abendmahls in der Gemeinschaft mit den engsten Angehörigen, das Singen am Sterbebett, das Gebet, der Segen.
Umgang mit einem Sterbenden auf dem Diest-Hof
Der Sterbende soll nach Möglichkeit in seinem Zimmer, in seinem Bett liegen dürfen. Für Ruhe soll gesorgt sein. Wen er jedoch sehen und empfangen möchte, der soll jederzeit Zutritt haben. Zimmergenossen sind in der Regel zu evakuieren, damit der Sterbende Ruhe hat.
„In der letzten Lebenszeit hat der sterbende Mensch immer weniger körperliche Energie. Er zieht sich mehr und mehr von der Außenwelt zurück, schläft oder ruht viel. Er hat vielleicht kein Interesse mehr an der Zeitung oder dem Fernsehen oder auch an Menschen. Er möchte nicht mehr, daß Nachbarn oder Bekannte kommen. Er möchte nur noch wenige, ihm vertraute Menschen um sich haben, manchmal auch ganz alleine sein.“ (4)
Eine Kerze soll für den Sterbenden sichtbar, aber doch an einem sicheren Ort, aufgestellt werden. Ein Bild von Christus oder ein Kreuz kann ebenfalls sichtbar für den Sterbenden aufgestellt werden.
Die Versorgung mit Essen und Trinken sowie die hygienische Versorgung muß gesichert sein. Etwas zu trinken und ein nasser Lappen zur Kühlung sollte in greifbarer Nähe zur Verfügung stehen.
Es kann sein, daß der Sterbende nicht mehr aus der Tasse trinken kann. Schnabeltasse oder Teelöffel sollten zur Verfügung stehen. Das Getränk darf nicht zu kalt und nicht zu heiß sein. Wenn der Sterbende keine Flüssigkeit mehr hinuterschlucken kann, ist es für ihn hilfreich, den Mund zu befeuchten, etwa durch einen feuchten Lappen.
„Wenn der Körper zu sterben beginnt, dann ist es ganz natürlich, daß er nichts mehr essen möchte. Die Eßgewohnheiten verändern sich langsam. Nichts schmeckt mehr. Der Appetit kommt und geht. Flüssiges wird fester Nahrung vorgezogen. Fleisch wird zuerst weggelassen, dann auch Gemüse und andere schwer verdauliche Speisen, bis auch weichere Nahrungsmittel nicht mehr gegessen werden. Der Sterbende möchte einfach nichts mehr essen.“ (9) Es fällt oft schwer, diesen Wunsch zu respektieren. „Aber in dieser Lebenszeit ist es völlig natürlich, nichts mehr zu essen. Körperliche Energie, wie wir sie durch Nahrung bekommen, wird nicht mehr gebraucht, sondern eine andere Art von Energie. Wir... müssen versuchen, den Sterbenden loszulassen, denn sonst bereiten wir ihm durch unser Festhalten unnötiges Leid.“ (9)
Zu einem günstigen Zeitpunkt und wenn die Situation des Sterbenden es erlaubt, soll eine „Verabschiedung“ von den engsten Freunden und Mitarbeitern erfolgen. Eine Gruppe von nicht mehr als zehn Personen betritt den Raum leise, ein Mitarbeiter erklärt, wie es um den Sterbenden steht. Alle können sich von ihm verabschieden und ihm ein Wort sagen und ihm die Hand drücken, sich bei ihm bedanken. Gemeinsam kann ein Lied gesungen und ein Gebet gesprochen werden. Der Pfarrer kann zu dieser Verabschiedung dazugebeten werden. Das wäre auch ein guter Moment, das Abendmahl miteinander zu feiern. Katholische Christen feiern auch das Sakrament der Krankensalbung.
Wenn es möglich ist, sollte jemand am Bett des Sterbenden wachen. Er braucht nicht die ganze Zeit etwas zu sagen. Er soll einfach da sein, so, daß der Sterbende es spürt: Ich bin nicht allein. Er soll hören, wenn der Sterbende etwas braucht oder etwas sagen will.
„Die Erfahrung zeigt, daß der Sterbende häufig geht, wenn er alleine ist. Vielleicht ist es so für den Sterbenden leichter, sich von dieser Welt und den geliebten Mensch zu lösen? Und `Der Moment des Sterbens gehört dem Sterbenden, es ist sein Moment des Übergangs.´ Manchmal wird es uns geschenkt, dabei zu sein und dadurch etwas von dieser anderen Welt zu erahnen.“ (5)
„Manchmal möchte der sterbende Mensch die sanfte Berührung Ihrer Hand spüren, da möchte er gehalten werden und die körperliche Nähe eines anderen Menschen wahrnehmen. Dann, zu anderen Zeiten, ist vielleicht die Berührung für ihn störend. Versuchen Sie zu erspüren, was der andere möchte. Vielleicht können Sie ihn auch fragen. Mißverstehen Sie die Ablehnung oder Distanz nicht als ein Zeichen mangelnder Liebe. Der sterbende Mensch ist häufig ganz mit sich uns seinem Leben beschäftigt.“ (8)
Der sterbende Mensch schläft sehr viel. Oft scheint er schon in einer anderen Welt zu sein. Manchmal spricht er mit Menschen, die ihm in seinem Leben begegnet sind, als ob sie im Zimmer wären. „Es ist wichtig, daß wir nicht versuchen, ihm seine Realität auszureden oder als Halluzination abtun, sondern versuchen, an seiner Welt Anteil zu nehmen, indem wir ihm zuhören und so versuchen, etwas von seiner Welt zu erfahren.“ (10)
Der sterbende Mensch ist oft auch unruhig. Er kann nicht mehr ruhig im Bett liegen. Auch deshalb kann das Sitzen am Bett als Zeichen, daß er nicht alleingelassen ist, hilfreich sein. Für die gute Pflege der Haut und eine angenehme Lagerung, die alle paar Stunden verändert wird, soll gesorgt sein. Die Körpertemperatur bei Sterbenden kann sehr schwanken: So sollen sowohl Decken und Wärmflasche als auch dünne Decken oder Leinentuch zur Verfügung stehen. Die Entfernung von Zahnprotesen aus dem Mund können eine Erleichterung für den Sterbenden sein.
Oft beobachtet wird auch ein „letztes Aufblühen“ aller Kraft im sterbenden Menschen. „Er ist ganz wach und klar, nimmt Anteil am Leben, äußert vielleicht den Wunsch nach bestimmten Speisen oder hat das Bedürfnis, sich noch einmal aufzusetzen oder sich hinzustellen.“ (10)
Der Atem eines Sterbenden verändert sich auch häufig. Er kann schneller werden (40mal in der Minute), aber auch ganz langsam, so daß man denkt, daß jeder Zug der letzte sein könnte. „Ein Mensch kann tagelang so atmen, daß Sie meinen, jeder Atemzug wäre der letzte.“ (12)
Eine Höherlagerung des Oberkörpers kann eine Erleichterung bringen.
„Für uns als Begleiter kann es schmerzlich und beunruhigend sein, den unregelmäßigen Atem mitanzuhören. Wichtig ist, daß wir selber tief und regelmäßig durchatmen und hin und wieder das Zimmer verlassen, um wieder Kraft zu sammeln.“ (12)
„Von dem Sterbenden kann ein besonderer Geruch ausgehen. Räucherstäbchen oder Duftlampen helfen, daß der Geruch nicht mehr so aufdringlich ist.“ (12)
Das Hören ist das letzte, was geht!
Selbst, wenn der Sterbende schon einige Tage nicht mehr ansprechbar ist, so hört er doch meist alles, was in seiner Nähe gesagt wird.
Deshalb soll in seiner Gegenwart so geredet werden, als ob er bei Bewußtsein wäre. Keine abwertende, keine verletzenden Bemerkungen über den Sterbenden! Der Sterbende ist ein lebender Mensch!
Aber auch das gute Wort, der Zuspruch, hat so seine Chance. Es ist noch nicht zu spät, dem Sterbenden etwas zu sagen, eine Entschuldigung, ein liebes Wort.
Was man am Sterbebett sagen, vorlesen oder singen kann:
Am besten etwas Vertrautes, was der Sterbende kennt!
Das Vater Unser
Vater Unser im Himmel!
Geheiligt werde Dein Name!
Dein Reich komme!
Dein Wille geschehe
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute
und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen!
Denn Dein ist das Reich
und die Kraft
und die Herrlichkeit
in Ewigkeit!
Amen.
Psalm 23
Der Herr ist mein Hirte,
mir wird nichts mangeln.
Er weidet mich auf einer Aue
und führet mich zum frischen Wasser.
Er erquicket meine Seele.
Er führet mich auf rechter Straße
um seines Namens willen.
Und ob ich schon wanderte im finsteren Tal
fürchte ich kein Unglück
denn Du bist bei mir,
Dein Stecken und Stab trösten mich.
Du bereitest vor mir einen Tisch
im Angesicht meiner Feinde.
Du salbst mein Haupt mit Öl
und schenkst mir voll ein.
Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen
mein Leben lang
und ich werde bleiben im Hause des Herrn
immerdar.
Amen.
Lied:
Meinem Gott gehört die Welt,
meinem Gott das Himmelszelt,
ihm gehört der Raum, die Zeit:
Sein ist auch die Ewigkeit.
Und sein eigen bin auch ich,
Gottes Hände halten mich!
Gleich den Sternlein in der Bahn:
keins fällt je aus Gottes Plan.
Wo ich bin, hält Gott die Wacht,
schützt und schirmt mich Tag und Nacht.
Über Bitten und Verstehen
muß sein Wille mir geschehn.
Lieber Gott, Du bist so groß,
und ich lieg in Deinem Schoß!
Wie im Mutterschoß ein Kind,
Liebe deckt und birgt mich lind.
Leb ich, Gott, bist Du bei mir,
sterb ich, bleib ich auch bei Dir!
Und im Leben und im Tod
bin ich Dein, Du lieber Gott.
Lied (für mit dem Leben der Kirche vertraute):
Wenn ich einmal soll scheiden,
so scheide nicht von mir,
wenn ich den Tod soll leiden,
so tritt Du dann herfür!
Wenn mir am allerbängsten
wird um das Herze sein,
so reiß mich aus den Ängsten
kraft Deiner Angst und Pein.
Erscheine mir zum Schilde,
zum Trost in meinem Tod,
und laß mich sehn Dein Bilde
in Deiner Kreuzesnot.
Da will ich nach Dir blicken,
da will ich glaubensvoll
Dich fest an mein Herz drücken.
Wer so stirbt, der stirbt wohl.
Bibeltexte: Johannesevangelium,
Offenbarung des Johannes Kapitel 21.
Jesus spricht: Ich bin der gute Hirte
und kenne die Meinen und die Meinen kennen mich.
Niemand kann sie aus meiner Hand reißen.
So spricht der Herr, der Dich geschaffen hat:
Fürchte Dich nicht, denn ich habe Dich erlöst.
Ich habe Dich bei Deinem Namen gerufen,
Du bist mein!
Gebete aus dem Gotteslob (= katholisches Gesangbuch)
Allmächtiger Gott, unergründlich sind Deine Geheimnisse und unerforschlich Deine Wege. Du hast mich erschaffen und willst mich nun wieder zu Dir nehmen. Alles, was ich bin und habe, lege ich in Deine Hände zurück. Schenke mir Deine vergebende Liebe. Hilf mir, daß ich allen vergeben kann. Nimm hin mein Leben und verwandle es. Laß mich auferstehn und ewig leben in Deiner Herrlichkeit und Freude.
Amen.
Herr Jesus Christus, Du willst mich jetzt ganz zu Dir nehmen. Im Tod werde ich mein Leben nicht verlieren, nein, Du wirst es mir neu und für immer schenken. Du hast die Macht, mir mein Leben neu zu geben. Du hast ja selbst den Tod überwunden und bist auferstanden. In diesem neuen Leben werde ich keine Trauer, keinen Schmerz und keine Krankheit mehr kennen. Jesus Christus, auf Dich hoffe ich.
Amen.
Herr, in Deine Hände befehle ich meinen Geist.
Amen.
Sterbesegen:
(Dabei legen wir dem Sterbenden die Hand spürbar auf den Kopf und bezeichnen während des letzten Satzes den Heimgehenden mit dem Zeichen des Kreuzes.)
Es segne Dich Gott, der Vater,
der Dich nach seinem Bild geschaffen hat.
Es segne Dich Gott, der Sohn,
der Dich durch sein Leiden und Sterben erlöst hat.
Es segne Dich Gott, der Heilige Geist,
der Dich zum Leben gerufen und geheiligt hat.
Gott, der Vater und der Sohn und der Heilige Geist
geleite Dich durch das Dunkel des Todes.
Er sei Dir gnädig im Gericht
und gebe Dir Frieden und ewiges Leben.
Amen.
Der Herr behüte Dich vor allem Übel,
er behüte Deine Seele.
Der Herr behüte Deinen Ausgang und Eingang
von nun an bis in Ewigkeit.
Amen.
Vgl. Evangelisches Gesangbuch Nr. 941
und Katholisches Gesangbuch Nr. 12, ganz vorn.
Mögliche Anzeichen des nahen Todes
„Die Augen sind offen oder halboffen, aber sehen nicht wirklich. Es ist vielmehr so, als ob sie in die Ferne schauen. Der Mund ist offen.
Die Körperunterseite, die Füße, Knie und Hände verfärben sich dunkler.
Der Puls wird noch schwächer.
Die Pupillen reagieren immer weniger auf Lichteinwirkung.
Der Sterbende wird teilnahmsloser und gibt keien Reaktionen mehr auf seine Umwelt.“ (14)
Der Sterbende wendet sich „nach innen“, verarbeitet sein Leben.
Wann der Tod eintritt, weiß kein Mensch. Es ist gut, wenn man sich mit Aussagen darüber zurückhält. Genauso schlecht wie jemanden „totzureden“ ist es, ihm den Weg der Annahme durch falsche Hoffnungen zu versperren („Wird schon wieder! Morgen ist alles wieder gut!“).
Der Tod
Wenn der Atem aussetzt und das Herz nicht mehr schlägt, tritt der Tod ein. Man muß nun nicht sofort irgendetwas tun, sondern kann sich Zeit lassen, sich zu besinnen, was der Verstorbene für mich gewesen ist. Man kann allein oder gemeinsam ein kurzes Gebet sprechen.
Ein Leben hat sich vollendet! Wir stehen an der Grenze unserer Existenz. Gott, der Herr, hat gehandelt, er hat diesen Menschen zu sich genommen.
Wem es unheimlich oder schwer ist, bei dem Verstorbenen zu sein, der kann jemanden zu Hilfe bitten, vielleicht jemanden, der schon Erfahrung mit Sterben oder Tod hat.
Mit der Hand schließt man dem Verstorbenen die Augen, indem man sanft über seine Stirn hin zum Mund streicht.
Da es bisweilen passieren kann, daß durch Muskelreaktionen sich die Augen wieder öffnen, kann man auch die Augenlider mit feuchten Wattebäuschen schließen und diese ca. eine Stunde auf den Augenlidern liegen lassen.
Zahnprotesen kommen wieder in den Mund, der Unterkiefer wird mit einem Schal oder einem Tuch, das um den Kopf gewickelt wird, hochgebunden, und erst nach einigen Stunden wieder gelöst, wenn die Leichenstarre eingetreten ist.
Man legt seine Hände auf seinen Bauch und faltet sie. Hat der Verstorbene eine verkrampfte Stellung beim Sterben gehabt, so bringt man ihn in eine gerade Lage.
Oft läuft noch Körperflüssigkeit aus der Nase oder aus dem Mund, die man abwischen muß. Bisweilen entleert sich die Blase oder der Darm. Das ist eine reine Körperfunktion, der Mensch ist tot.
Der Leichnam ist mit Achtung und Respekt zu behandeln.
Der Arzt ist zu rufen, der den Tod feststellt. Er stellt einen Totenschein aus.
Dann ist der Verstorbene zu waschen und wird mit einem Totenkleid, einem Nachthemd oder einem Anzug bekleidet. „Denken Sie bei der Wahl des Kleidungsstückes an eines, das der Verstorbene gerne getragen hat und das zu ihm paßt, oder wie er sich gerne sehen würde.“ (18)
„Manche Menschen haben Angst, den toten Körper zu berühren. Sie haben Angst vor dem sogenannten Leichengift. Dies gibt es jedoch nicht. Einige Stunden nach dem Tod entstehen basisches Stoffe im toten Körper. Der Kontakt mit diesen Stoffen oder die eventuelle Aufnahme in den eigenen Körper, z.B. bei eigenen Verletzungen, ist ungefährlich.“ (17)
Das Zimmer wird entsprechend geräumt: Arzneien und Pflegemittel werden entfernt, Kerzen angezündet, Blumen können auf den Leichnam gelegt werden.
Wenn das geschehen ist, können die Freunde und Mitarbeiter Abschied von dem Toten nehmen. Der Pfarrer kann zu einer Aussegnung bestellt werden in ähnlicher Weise, wie es am Sterbebett geschah.
Die Angehörigen sind zu benachrichtigen, und es ist ihnen die Möglichkeit zu geben, ebenfalls Abschied zu nehmen.
Das Beerdigungsinstitut muß nicht sofort informiert werden. Der Tote sollte noch wenigstens sechs Stunden im Diest-Hof bleiben, so daß in Ruhe Abschied genommen werden kann, mindestens aber bis zum nächsten Morgen, wenn es in der Nacht oder am Abend geschehen ist. Das ist wichtig für die Mitbewohner und Mitarbeiter und auch für die Würde des Toten geboten.
„Sie können ohne Schwierigkeiten den Leichnam für 24 Stunden in der Wohnung behalten...“ (19)
Über die Hoffnung
Der Tod ist nach christlicher Überzeugung nur ein Übergang. Gott ist der Herr unseres Lebens, der Herr auch über den Tod, und er hat uns in der Taufe ein ewiges Leben zugesagt. Das ist ein Grund, warum es nicht egal ist, ob einer getauft ist oder nicht.
Dieses Leben im Reich Gottes übersteigt unser Denken und unsere Vorstellungskraft. Unser Kopf ist einfach zu klein für diese neue Dimension des Lebens. In der Bibel wird deshalb von diesem Leben nach dem Tod in Bildern gesprochen. Sie haben gemeinsam, daß wir dort bei Gott sind und daß es uns bei ihm gut geht. So vergleicht Jesus es mit der Freude bei einem großen Hochzeitsfest, Johannes spricht von einer neuen Stadt, dem himmlischen Jerusalem:
„Und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein noch Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein, denn das alte ist vergangen.“
So brauchen wir uns keine Sorgen machen um das, was da nach dem Tod kommt: Wir wissen: Gott sorgt für uns. Jesus hält uns einen Platz bereit, da wird es uns gutgehen. Wir sind frei für das Heute.
Spekulationen über einen Raum zwischen dem Tod und dem Beginn dieses neuen Lebens lehne ich ab. Das ist einfach ein Gebiet, von dem wir nichts wissen können und auch nichts wissen brauchen. Gottes Sache ist es. Er, der Schöpfer, der mich gemacht hat, kann mich auch neu schaffen mit Leib und Seele.
Die Bild-Rede der Bibel haben unsere schwarzen Schwestern und Brüder aus Nordamerika fortgesetzt. Sie stellten sich den Tod vor wie ein Boot. Es legt am Ufer des Jordans an, und der Sterbende steigt ein. Das Boot bringt ihn hinüber ans andere Ufer, in Gottes neue Welt. Dort empfängt ihn Jesus mit ausgebreiteten Armen. Eine Band von Engeln spielt. Er bekommt ein neues, strahlend weißes Gewand an - und Schuhe an die Füße. Das Fest beginnt.
Und so sind die Beerdigungsfeiern bei den Schwarzen in den USA keineswegs so traurig, wie oft bei uns. Ein Beerdigungslied „Swing low, sweet chariot“ erzählt: „Und, Bruder, wenn Du eher da bist als ich, dann sag Bescheid, daß ich auch bald kommen werde!“
Darf ein Christ traurig sein? Natürlich. Christen sind traurig, sie weinen, sie sind verzweifelt. Der Verlust des Vertrauten, des lieben Angehörigen: er trifft auch den Christen. Er ist nicht mehr da. Ich kann nicht mehr mit ihm reden. Ich bin von ihm getrennt.
Christen dürfen traurig sein und weinen. Auch Jesus selbst hat das getan, wie wir uns jedes Jahr neu erinnern vor Ostern. Er kennt das Leid. Die Bibel erzählt von vielen Menschen in ihrem Leid.
Christen müssen nicht traurig bleiben. Sie haben die Hoffnung, daß der Tod nicht das letzte Wort hat.
Christ ist erstanden
von der Marter alle
des soll´n wir alle froh sein
Christ will unser Trost sein!
Kyrieeleis.
Wär er nicht erstanden,
so wär die Welt vergangen.
Seit daß er erstanden ist
so loben wir den Vater Jesu Christ!
Kyrieeleis.
„Er schläft.“ Er ist „entschlafen“: das alte Wort über den Verstorbenen will nicht nur einfach trösten und sagen, daß der Tote Frieden hat. Es trägt auch jene Zuversicht in sich, daß nach der Todesnacht ein neuer Morgen kommt, der Morgen der Auferstehung.
Wie können wir mit Bewohnern des Diest-Hofes über den Tod sprechen?
Ich denke, wir brauchen dort nicht mehr zu sagen, als wir selbst glauben und wissen.
Vielleicht können wir dazu beitragen, den Tod als eine natürliche Sache zu begreifen, indem wir ihm mit Ruhe begegnen und einfach die Dinge erklären, die damit zu tun haben. Einfache Botschaften wie „Er hat jetzt Frieden.“ „Er ist jetzt bei Gott.“ sind möglich.
Die Beerdigung
Je nach der Konfession des Verstorbenen wird eine christliche Beerdigung mit dem evangelischen oder katholischen Pfarrer oder eine andere Beerdigungsfeier stattfinden.
Allen, die es wünschen, ist eine Teilnahme an der Beerdigung zu ermöglichen.
Die Beerdigung soll den allgemeinen Beerdigungen in der Stadt entsprechen und von der Form her keinen „Sonderfall“ darstellen. Die Besucher sind entsprechend auf die Feier vorzubereiten: daß wir dort Abschied nehmen wollen von dem Toten, daß wir uns noch einmal erinnern wollen, was wir mit ihm erlebt haben, und Gott dafür danken wollen; daß wir um Verzeihung bitten wollen für das, was wir versäumt haben; daß wir Gott bitten wollen, daß er ihn aufnimmt in sein Reich. Am Grabe können die Teilnehmer der Beerdigung mit dem Erdwurf Abschied nehmen: dreimal wird Erde auf den Sarg geworfen, eventuell ein Strauß Blumen hineingeworfen. Das muß vorher erklärt werden, und die Blumen müssen besorgt sein.
Der dreimalige Erdwurf erinnert eigentlich an die Heilige Dreifaltigkeit: Gott ist uns nahe: der Vater, der uns gemacht hat, der Sohn Jesus, der unser Bruder ist, der Heilige Geist, der uns seine Kraft schenkt. In seinem Namen segnen wir den Toten, in seine Hände geben wir ihn.
Es ist eine gute Tradition, daß der Sarg von Männern des Diest-Hofes selbst getragen wird. Auch die musikalische Ausgestaltung durch Diest-Hof Mitarbeiter ist eine bewahrenswerte Einrichtung.
Die Trauer
Enge Freunde des Verstorbenen kann man trösten und ihnen beistehen, indem man mit ihnen über den Verstorbenen spricht: was man gemeinsam erlebt hat. So kann sich die Trauer in Dankbarkeit wandeln.
Eine Zusammenstellung von Fotos des Verstorbenen kann dabei helfen.
Mit einigen Bewohnern kann das Grab besucht werden zur Erinnerung. Nach und nach kann so eine Gewöhnung, ein Vertrautwerden mit der neuen Situation und ein Annehmen derselben erfolgen. Man kann mit den Trauernden beten: so wird deutlich: Gott sorgt für den, für den ich nun nichts weiter tun kann, und auch für mich.
Im Gottesdienst wird an den Sonntagen vor und nach der Beerdigungen des Verstorbenen gedacht, wenn er der christlichen Gemeinde angehörte. Der Besuch mit den nächsten Angehörigen, und als solche sind die Freunde und Mitbewohner wohl zu sehen, kann tröstlich sein.
Am Ende des Kirchenjahres, am Ewigkeitssonntag, werden die Namen der Verstorbenen des letzten Jahres noch einmal in der Kirche verlesen: um 10 Uhr im Gottesdienst im geheizten Gemeinderaum, um 15 Uhr bei einer Andacht in der Leichenhalle des Friedhofs.
Vielleicht trauern die Bewohner des Diest-Hofes nicht so, wie wir es erwarten würden! Dies kann seinen Grund darin haben, daß wir ihre Art zu trauern nicht recht verstehen. Wir sollten uns mühen, in sie hineinzuhören und so zu erkunden, was ihnen gut tut. Auf keinen Fall sollten wir sie zu etwas drängen oder ihr Verhalten abwerten: wir können sie nicht bis zum Letzten verstehen.
Ein Grund für ein anderes Erleben von Sterben und Tod kann neben der Verschiedenheit des Intellekts auch mit der „Hospitalisierung“ zu tun haben. Die Bewohner des Diest-Hofes haben bisweilen schon einen häufigen Ortswechsel hinter sich, bei dem sich Mitbewohner und Betreuer ganz verändert haben. So ist für sie der Ortswechsel eines Mitbewohners durch den Tod nichts Unbekanntes. Auch die Betreuer wechseln ja in den verschiedenen Schichten und in den Jahren oftmals ganz. Menschen in Heimen werden also Verluste anders verarbeiten als Menschen, die in geschlossenen Familienverbänden und in einer Nachbarschaft ihr ganzes Leben verbringen.
„Der Herr segne Deinen Ausgang und Eingang,
von nun an bis in Ewigkeit!
Amen.“